Zielsetzung der Zen-Jou Community – return to the
source of life
Die inhaltliche Erläuterung der ZJC-rsl zielt darauf hin, die kosmische Dimension unseres Daseins bewusst einzuholen. Ohne diesen Schritt zu wagen, haben wir in der sich verändernden Welt von heute keinen tragenden Grund für unser Verwiesen-sein hin auf das Leben-Selbst. Auf diesem Grund stehend werden wir fähig, das Leben – von dessen Verdinglichung befreit – zu empfangen; ein Schlüssel, der uns die Zielsetzung der ZJC-rsl sukzessiv erschließt: Die ZJC-rsl muss im Leben-Selbst wurzeln, um nicht zu einem erstarrten menschlichen Machwerk zu degenerieren. Zweifelsohne, auf diesem Weg durch die Wüste unserer Differenz lauert unablässig die Versuchung, das Frei-werden - getragen von aufrichtiger Selbst-Einsicht - erneut zu unterwandern; dies mit der Absicht, uns in legitim erscheinender Weise zu den Fleischtöpfen nach Ägypten zurückzuführen.
Hiervon auszugrenzen sind missverständliche Deutungen wie:
In den Sesshins zeigt sich ein permanentes Ringen, die alles verdinglichende Ebene des Etwas-haben-, des Etwas-wissen- und des Etwas-sein-wollens zu überschreiten. Die Teilnehmer versuchen sich einerseits der Weisung zu öffnen und diese aufzunehmen. Andererseits sind sie dazu unfähig, denn das bisherige Leben stand weitgehend unter dem alles verdinglichenden Diktat. Aber die Sesshins sind auch mit Fällen belastet, welche den Aufruf infolge des Identitäts-Mangels in sein Gegenteil verkehren, um eben dadurch das alles verdinglichende Instrument noch zu verstärken; ein zwanghafter Drang, dem nur schwierig zu entkommen ist. Aufgrund der Feststellung dieser Tatsachen können die angebotenen Sesshins in Bezug auf die Grund-Intention der ZJC-rsl leider nur eine zweitrangige Stellung einnehmen. Denn das von uns eigentlich Angestrebte kommt auf dieser Ebene von Praxis kaum in den Blick. Zwar erfahren die Teilnehmer in verschiedener Hinsicht durch die Weisung - im Prozess des Sich-öffnens - Hilfen, aber es mangelt dabei oftmals an einer klaren und aufrichtigen Entschiedenheit, uns damit, was dem Leben widerspricht, nicht mehr zu identifizieren.
Entdeckt der Übende die Verknüpfung der Dispositionen mit der Vergangenheit und auch den Lösungs-Weg hierfür, kommt demzufolge das Begehren des Ich-haften zum Vorschein. Sein triebhaftes Streben, das zuvor versteckt wirken konnte, wird jetzt der Einsicht zugänglich. Das mobilisierte, sich verteidigende Ich-hafte, das unser Leben aushöhlt, muss uns klar in den Blick kommen. Nur äußerste Achtsamkeit bewahrt uns davor, nicht erneut seiner Arglist - aufgrund der Verfremdung der hier vermehrt wirksam gewordenen Kräfte - zu verfallen. Fallen wir jedoch dem ichhaft verstärkten Kräfte-Feld, indem wir uns damit identifizieren, zum Opfer, so ziehen wir aus einem Käfig in eine Festung: reich an Illusionen, das authentische Verwiesen-sein verarmt. Obwohl eine ich-zentrierte Intention defizitäre Spuren hinterlässt, können wir dies übersehen und fraglos - gebunden in diesem Habitus - fortfahren, denn der hier zu erfahrende Mangel lässt sich überspielen durch das uns blendende, sich selbst bestätigende Ego. Wohl denen, die das relationale Gespann des Defizitären mit dem Ich-haften durchschauen und ihm nicht erliegen.
Der Umbruch des instrumentellen Bewusstseins bedarf einer vielschichtigen Vorbereitung, welche uns eigentlich durch die tägliche Lebens-Praxis ermöglicht werden muss. Gibt es hierfür Anzeichen im Bewusst-werden, dass das Erfassen von Teilaspekten als Handlungs-Kriterium heute nicht mehr ausreicht? Die zunehmende Komplexität unserer Lebens-Welt erfordert eine Sicht der Dinge, einen Verständnis-Horizont, der die Schranken des instrumentellen Bewusstseins überschreitet. Um dem Schaden-Stiftenden in den Entscheidungen aus Uneinsichtigkeit nicht in die Hände zu arbeiten, ist ein komplexeres Erfassen unserer Lebens-Realität vorausgesetzt. Folglich können wir unsere Intention, das notwendig Verbundene kategorial zu trennen, nicht mehr rechtfertigen, sondern die das Trennen durchdringende Zusammenschau ist zukünftig angefragt: eine Herausforderung, die von der ZJC-rsl wahrzunehmen ist.
Das authentische Kennzeichen, das zukünftig die ZJC-rsl repräsentiert, ist noch offen. Obwohl für sie das signifikant Konkrete noch aussteht, ist dennoch ihre Unwiderlegbarkeit, wie sie sein soll, bereits ideell vorweggenommen. Zwei sich ineinander fügende Wirk-Prinzipien sind hier zu verdeutlichen: das deduktiv Vorgegebene und das induktiv Einzuholende. Deduktiv vorgegeben ist die Weisung, nämlich, das in uns eingeschriebene Lebens-Gesetz, das in der Lebens-Praxis durch Übung und Verzicht in die Welt eingreift. Auf dem Weg von Versuch und Irrtum ist dieses Gesetz induktiv einzuholen: ein Suchen, Entdecken und Finden, dessen Motivation letztlich in die zu vollziehende Reinigung münden muss. Das deduktive Prinzip darf und kann nicht negiert werden; indes wird uns erst durch die induktive Erschlieβung das schon Gegebene bewusst.
Die Notwendigkeit, die Vermögen des instrumentellen Bewusstseins zu überschreiten, ist in der derzeitigen Generation noch nicht – nicht genügend – vorbereitet; vermutlich muss der Ego-Kult auf dem Gipfel seiner Triumphe zuvor sich selbst demaskieren. Erst dann wird sich die Einsicht des zukünftig hier geforderten Überschritts als unumgänglich erweisen: diesem Schritt auszuweichen, hieße, die uns als Mensch am Leben aufgetragene Verantwortung zu verraten. Das eigentlich zu Vollziehende zielt zunächst auf den nicht begrenzten Teil der Seele, die Identität. Dafür ist das primäre Orientiert-sein am begrenzten Teil der Seele, die Enge aus dem Ich-zentriert-sein der Differenz, zu überwinden. Es ist unabdingbar, dass unser instrumentelles Bewusstsein – mentales Wahrnehmen, imaginatives Intendieren und emotionales Empfinden – vom analogen Wirk-Feld der Erkenntnis-Vermögen in der Differenz entbunden wird. Das Zugeordnet-sein zum oberen Seelenteil ist deshalb unerlässlich, weil nur ein vorbehaltloses Bejahen der Identität unser Bewusstsein hin auf seine kosmische Dimension öffnet. Nicht mehr wie zuvor aus dem Ichhaften gesteuert, kann nun unser Wahrnehmen, Intendieren und Empfinden - letztlich integriert in das Leben-Selbst – aus Ihm schöpfen.
Erst dadurch kann der in uns gegebene ursprüngliche Lebens-Impuls, welcher verschüttet war, wieder wirksam werden. Hier gibt es für den Willen, etwas zu sein, überhaupt keinen Platz mehr, denn aus uns selbst sind wir absolut bedürftig. Es geht wirklich um ein tiefes Hinein-sehen in unser eigenes Verfasst-sein. Ohne diesen demütigenden Weg zu wagen, trägt unser Leben keine wahren Früchte; hier finden wir die Ursache, weshalb geistig-geistliches Streben in die Irre gehen kann. Den Dispositionen in uns, welche mit dem Leben-verneinenden korrespondieren, muss der Nährboden entzogen werden. Um die Einfalls-Tore für die unser Leben fesselnden Einflüsse gesperrt zu halten, ist Achtsamkeit unerlässlich.
Um die Struktur der ZJC-rsl offen zu legen, wählen wir gleichnishaft die Walnuss. Drei Körper bestimmen von der äußeren Erscheinung bis zu ihrem Kern ihre Eigenart:
x) das Fleisch, das sie umhüllende Bittere;
y) die Schale, das den Kern bergende Harte;
z) der Kern, das eigentlich Tragende;
Die Zen-Jou Community versteht sich demzufolge als ein dreigliedriger Körper von Fleisch, Schale und Kern.
Zu x): das die ZJC-rsl Umhüllende
Die von der ZJC-rsl angebotenen Sesshins verkörpern – im Gleichnis der Walnuss – das sie umhüllende Bittere, das primär den fleischlichen Teil der Seele tangiert. Dieser niedere Seelenteil, in unseren Texten als Differenz der Kern-F thematisiert, ist das eigentliche Übungs-Feld der Sesshins. Das hier zu vollziehende Suchen kommt dem Eintauchen in einen Tümpel gleich. Dieser ist gefüllt mit dem Angesammelten, welches dem Einblick nicht ohne weiteres zugänglich ist, zumal es dem Bewusstsein selbst an notwendiger Transparenz mangelt, denn das Angesammelte und dessen Bewusst-werden sind ineinander verwoben. Für den anstehenden und zu vollziehenden Prozess, nämlich das sich klärende Lichten, sind zwei Grund-Einsichten, die nicht voneinander zu trennen sind, vorausgesetzt: das hier Schaden-stiftende zu erkennen, aber auch sich für dessen Auflösung zu entscheiden. Verdeutlicht durch das Bild eines Rades will dies sagen: Soll das durch unser Handeln Sich-bewegende den fleischlichen Teil der Seele nicht weiterhin mit Widrigem anlasten, muss sein bisheriges Drehen zur Ruhe kommen, um es in seine Gegenrichtung wenden zu können. Die beschriebene Bewältigung dieses Prozess-Feldes nimmt diejenigen, die sich durch Übung und Verzicht darauf einlassen, in aller Regel Jahre, ja Jahrzehnte in Anspruch, denn die Tiefen des hier auszulotenden Tümpels entziehen sich weitgehend unseren Vorstellungen.
Zu y): das den Kern der ZJC-rsl Bergende
Die von der ZJC-rsl angestrebte kosmische Dimension bleibt im Erfassen des in Raum und Zeit Sich-ereignenden Lebens nicht mehr ausschlieβlich im instrumentellen Erkennen gebunden, denn es ist integriert in ein ganzheitliches Auffassen, das unser dualistisches Welt-Bild zertrümmert. Hierdurch öffnet sich uns - die komplexere Realität unseres Daseins durchdringend - ein Wahrnehmen, das in ein Finden mündet, in dem uns das Verloren-Gegangene wieder begegnet. Verloren gegangen ist das Ganzheitliche durch das Kreieren von Objekten; aus dem Ichhaften, dessen Intention das Sichtbare von dem es in Erscheinung tretenden Moment trennt. Das jeweils Spezifische der Natur wird entwertet und demzufolge kommt ihr uns initiierendes Moment abhanden. Dieses Faktum, das uns selbst trifft, trennt uns gegenseitig von dem alles in allem Verbindenden.
Das instrumentelle Bewusstsein wird dem Erfassen der gegenwärtigen Lebens-Situation nicht vollgültig gerecht. Die Vermögen, jenes zu überschreiten, müssen denjenigen, denen sich die kosmische Dimension erschließen soll, gegeben sein. Jegliches verfügende Streben, sich die qualitativ komplexere Dimension des kosmischen Wahrnehmens anzueignen, scheitert letztlich, denn das sie bestimmende Bewirken ist aus dem unverfügbaren oberen Seelenteil gespeist.
Das Harte der Nuss-Schale aufzubrechen, vollzieht sich in einem unumgänglichen Prozess, in dem die äußerst bewusste Anstrengung zum absichtslosen Geschehen-lassen reifen muss. Ohne dieses uns widersprüchlich scheinende Shugyō durchzustehen, ist der gordische Knoten in uns – das Haften am Ich – unauslösbar. Im Prozess seines Ausfaltens sind deshalb diejenigen, denen der Weg individuell gegeben wurde, auf eine längerfristig strikte Begleitung verwiesen, denn die Widrigkeit des Anhaftens, das nicht zur Ruhe kommen will, ist gleichwohl auf einer sublimeren Ebene zu bewältigen; dies betrifft auch das Verhältnis von Erteilen und Aneignen der Weisung. Hier auszuweichen hieße, das Intendierte sich unredlich zu erschleichen. Die Auflösung der erfahrenen Paradoxie ist verwiesen auf das abgrundtiefe Sich-selbst-einsichtig-werden, damit jegliches Widerstreben in uns ausgesöhnt, ja aufgehoben werde. Dieses notwendig uns Befreiende würde sonst auf dem Shugyō-Weg durch die Hintertür verraten. Der Überschritt bedeutet ein Sich-trennen von dem unser Leben Begrenzenden, limitiert durch die Identifikation mit dem fleischlichen Teil der Seele. Allein durch das Identifizieren mit dem oberen Teil der Seele, der Identität der Kern-F, vollzieht sich die gesuchte Auflösung des genannten Widerspruchs.
Das Befreit-werden von all dem Begehren, das in der vergifteten Differenz wurzelt, ist die stete Bedingung, um uns in den gegebenen Lebens-Impuls der Identität zu fügen: Dafür ist das Tor – die harte Schale – zu durchschreiten. Ist das hier Gefundene nicht doch die gesuchte Leere, die den ursprünglichen Seins-Stand der Differenz aufweist, in den sie nun zurückfindet! Denn sie soll mit dem, was sie leben lässt, erfüllt zu werden. Der Schlüssel hierzu ist, im Überschritt - uns existentiell durchleidend - das Harte zu überwinden, nämlich, empfänglich zu werden für das Leben selbst; die Härte der hier notwendig aufzubrechenden Nuss-Schale will uns das von uns zu tragende Kreuz in Erinnerung rufen.
Zu z): das die ZJC-rsl Leben-lassende
Für das Überschreiten des instrumentellen Bewusstseins finden wir im Kern der Walnuss eine Abbildung unseres Gehirns, in dem die Informationen gespeichert sind. Wird eine negative Information in ihm gelöscht, erst dann kommt das mit ihr korrespondierende Dispositions-Feld im Körper endgültig zur Ruhe: ein hinweisendes Zeichen für das Erfordernis des Erwachens. Außerdem will der Nuss-Kern die symbolische Nahrung für das nun tiefere Durchdrungen-werden mit dem Identischen sein, wodurch unser Unterscheidungs-Vermögen an Transparenz gewinnt. Die angestrebte Bewusstseins-Dimension ist also in der erwachten Identität zu finden. Soll für uns das mannigfaltig vernetzte Dasein in seinen noch tiefer liegenden, uns möglich zu erfassenden Dimensionen zugänglich werden, dann finden wir den Schlüssel des wahren Ankommens im Verwiesen-sein der Identität auf das Leben-Selbst. Infolgedessen werden wir auch für das In-Einsicht-nehmen sensibilisiert: das uns Verwehrte nicht mehr zu erzwingen, denn darin liegt die Möglichkeit, das Moment unserer Läuterung zu entdecken.
Kriterien für das Überschreiten des instrumentellen Bewusstseins sind:
Der hier geforderte Überschritt hat seine tiefste Dimension
darin, dass
sich die im instrumentellen Erkennen erfahrenen, unauflösbaren
Paradoxien
lösen, in denen das enthaltene Wahre uns
zuvor verschlossen war.
Hierdurch können nun die zu erfassenden Realitäten
von uns nicht nur tiefer
durchdrungen, sondern auch fundierter beurteilt werden.
Das noch offene und doch auch anfänglich sich mitteilende Konkrete der ZJC-rsl ist das nonverbal-kommunikative Moment, das wir im Schweigen bereits in unseren Sesshins erfahren, und das uns zeichenhaft auf das Leben-Selbst verweist. Die auf Zukunft hin offene ZJC-rsl ist allem Verfügen-wollen zu entheben. Bestimmt sich ihr Gelingen aus dem Verwiesen-sein, so kann das zuvor zeichenhaft nonverbal-kommunikativ Erfahrene ein den Glaubens-Weg stützendes Element werden: Das die Community belebende Moment selbst möge in seiner ganzen Tragweite für uns alle doch zu einer Wirklichkeit werden.
Die drei Körper der ZJC-rsl, deren differenzierte Merkmale uns im Gleichnis der Walnuss vermittelt werden, sind klar zu unterschieden. Sie dürfen einerseits nicht vermischt werden, denn sonst würde sich ihr je Spezifisches unserem Blick verstellen. Andererseits liegt dem Shugyō-Weg ein Kontinuum zugrunde, welches sowohl das Ausschließen als auch das Einschließen des Weges umfasst. Die jeweiligen Stufen können als das Suchen, das Finden und das Ankommen bezeichnet werden.
Das Suchen: ein Etwas, das uns nicht bewusst ist, aufspüren
Das Fleisch - im Gleichnis das Bittere - ist zunächst das eigentliche Praxis-Feld unserer Sesshins. Das den Weg unseres Lebens massiv Verstellende nötigt zum Aufbruch, um die Konfrontation mit dem uns weitgehend uneinsichtigen Gebrechen zu wagen. Ein Trugschluss, dem hier eigentlich ohne Mühe nicht zu entkommen ist, wäre zu glauben, dieser Einstieg sei ausschließlich ein Lichten dessen, was in uns das Leben beengt. Keineswegs! Im Prozess des Lösens der uns manipulierenden Finsternis erfahren wir in uns Widerstand. Durch dessen Offen-werden melden sich die negativen Kräfte verstärkt. Mit ihren sich verteidigenden Angriffen versuchen sie nun, uns noch tiefer zu binden. Durchschauen wir die Gefahr nicht, unter ihrem Einfluss zu stehen, liefern wir uns einem fundamentalen Irrtum aus, dem latenten Anspruch, überlegen zu sein, nämlich: etwas zu sein, zu haben und zu wissen. Ein derartig egozentrisch-gesteuertes Intendieren verstärkt blindlings die Illusionen. Indem bisher unser Lebens-Verständnis primär aus dem fleischlichen Teil der Seele, der Differenz der Kern-F, gesteuert war, was das Erfahren von Mangel zur Folge hat, bietet sich jetzt eine willkommene, zwar uns täuschende Hilfe, das aus dem Mangel verursachte Unversöhnt-sein mithilfe solcher Verstärkungen zu bewältigen.
Das Finden: ein Wagnis über Raum und Zeit hinaus
Die Schale - im Gleichnis das Harte - zu zertrümmern, bedeutet den Überschritt, sich vom ausschließlichen Identifizieren mit dem instrumentellen Bewusstsein zu verabschieden, um zu einem ganzheitlichen Erfassen des eigenen Lebens zu gelangen: von der Schöpfung bis zu unserem Verwiesen-sein auf das Leben-Selbst. Überhaupt soll dieser Überschritt den Zugang zu unserem komplexeren Lebens-Feld - zur mikro-/ makrokosmischen Relation - öffnen, und zu einer klaren Einsicht dessen, wie unablässig die Differenz auf die Identität verwiesen ist. In seinem eigentlichen Sinn ist dieses Finden das Darüber-hinaus. In Wirklichkeit aber ist es ein Hinabsteigen zur Wurzel des ich-haften Begehrens, um dessen Humusbeet auszutrocknen. Soll das hier uns Unbekannte sich lichten, dann erfordert dieser Abstieg dessen zu reinigende Motivation, auf dass uns sein eigentliches Prozess-Feld - das genealogische Sediment -, welches sich dem Einblick bisher entzog, zugänglich werde. In diesem Ereignis-Feld erfährt unser Bewusstsein den Durchbruch in die kosmische Dimension, was im Zertrümmern der Nuss-Schale - im hier zu erleidenden Tod - zum Ausdruck kommen soll. Je mehr der Mikrokosmos uns zugänglich wird, desto natürlicher erschließt sich uns das bisher verschlossene Darüber-hinaus.
Das Ankommen: ein Durchdrungen-sein vom Leben-Selbst
Der Kern - im Gleichnis das Leben – will auf den Urstand der Kern-F hindeuten. Das Ankommen ist die Rückkehr zur Quelle, aus der einst die Identität und die Differenz ihren Anfang genommen haben. Während die Vorstufe, das Finden, zunächst auf die authentische Leere - die geläuterte Differenz - zielt, um von der Identität erfüllt zu werden, geht es hierbei um die erwachte Identität, nämlich, ihr Durchdrungen-werden vom Leben-Selbst. Erst dann erahnen wir im wahrsten Sinn unser Mensch-werden. Denn nur im Neu-geboren-werden - vom Leben-Selbst durchdrungen – können wir das unsere Not zu Wendende, das sich für uns einlösen will und muss, finden. Hierzu lesen wir in Joh 3,1ff: „Wahr, ja wahr ist's, ich sage dir: Wenn einer nicht neu geboren wird, kann er das Königtum Gottes nicht sehen. … Wird einer nicht aus Wasser [der geläuterten Differenz] und Geist [der erwachten Identität] geboren, so kann er nicht in das Königtum Gottes hineinkommen. Das aus Fleisch Geborene ist Fleisch, und das aus dem Geist Geborene ist Geist. … Ihr müsst neu geboren werden. Der Windhauch weht, wo er will, sein Brausen hörst du – doch du weiβt nicht, von wo er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem aus dem Geist Geborenen“.
Das Ankommen hat im Prozessfeld der drei Körper, das wir mittels der Walnuss gleichnishaft darzulegen versuchten, sein natürliches Vorfeld, um die geforderte Neu-Geburt, durch die die Menschheit von dem sie blendenden Virus befreit werden soll, einzulösen. Das bedeutet, dass das analoge Erkennen in der Differenz nicht mehr dominiert, sondern durch die Identität abgelöst ist: Das vom Fleisch befreite Vernehmen gewinnt nun die Oberhand. Hier gilt es, Achtsamkeit walten zu lassen. Anzukommen nur für mich selbst kann und darf niemals ein Ziel sein: warum nicht ich, sondern andere. Diese intentionale Verfasstheit - Neid - fügt der Community einen fundamentalen Schaden zu, der - offen oder versteckt - gegen sie gerichtet ist. Die in uns grundgelegten Vermögen natürlich und selbstlos zu teilen, stehen wir in der Pflicht: im Bewusst-werden, dass jegliche Fähigkeit uns immer zum Besten aller gegeben ist. Genau darin ist die Bedeutung Community verborgen. Dieser Grundsatz lässt uns das zu bestehende Leben auch nonverbal – frei von den es verstellenden Absichten – aus dem Zueinander verwirklichen. Ohne das uns Unterscheidende der verschiedenen Ausprägungen zu verwischen, wird das Teilen vorurteilsfrei in seiner Natürlichkeit vollzogen. Willfährig trägt und verbindet dies die Community auf dem eingeschlagenen Weg. Die Freimütigkeit öffnet uns erst recht die Augen für die mit dem Leben-Selbst korrespondierenden Erfahrungs-Wege. Bekunden die der Menschheit je gegebenen Wege nicht letztlich doch die Aussicht, in der sich unsere Wahrnehmungs-Vermögen als kosmisches Bewusstsein auf das Unendliche hin weiten!
Anmerkung: Die Walnuss, mittels derer wir versuchten, sinnbildlich die ZJC-rsl strukturell auszulegen, ist hilfreich für eine erste Übersicht. Die Muskatnuss, die unserer Erfahrung weniger vertraut ist, zeigt in ihrer Strukturierung als eine ebenfalls am Baum wachsende Frucht ein noch differenzierteres Bild, um die ZJC-rsl zu erläutern. Vier Elemente sind hier klar zu unterscheiden: das äußere grüne Fleisch, der rote Feuermantel, die schwarze Schale und der harte Nusskern.
Ihr äußeres, sie umhüllendes Fleisch ist zwar dem der Walnuss ähnlich, aber insofern verschieden, als sich daraus ein alkoholisches Getränk gewinnen lässt. Wird es recht verwendet, ist es auch als ein Heilmittel zu betrachten. Im übertragenen Sinn ist damit ein Zeichen gegeben, um gestärkt in Zuversicht den Aufbruch zu riskieren.
Der die Nuss-Schale umhüllende Mantel öffnet sich wie brennende Feuerzungen nach oben. Feuer, ein tiefes Zeichen für den hier notwendig zu vollziehenden Prozess der Reinigung. Ob wir den hier erfahrenen Schmerz aus Furcht abweisen oder ihn doch als ein bejahendes Leiden willkommen heißen, ist der Scheidepunkt für das Weitergehen. Auf diesem Weg werden wir nicht nur gereinigt, sondern auch erprobt, um redlich für das weitere Vordringen zum Kern befunden zu werden.
Die den Nusskern umhüllende harte Schale ist in ihrem gereiften und vom Baum fallenden Zustand schwarz. Ihre leichte Strukturierung will ein hinweisendes Zeichen der Stetigkeit - sowohl ihrer als auch unserer - sein. Deshalb, wer hier eindringen will, muss dafür gerüstet sein, einen weiteren Schutzwall zu überwinden. Ohne Zweifel, er kann dabei nicht mehr ausschließlich auf die eigene Kraft vertrauen, da er sozusagen wie in einem Niemands-Land wandert. Das Schwarz der Nussschale symbolisiert die für uns auf dem Weg zu durchschreitende Dunkelheit.
Der feinaderig-vielfältig gestaltete Nusskern ist ein tiefes Symbol für unser kommunizierendes Verbunden-sein mit aller Kreation im eigentlichen Angekommen-sein.
Wer diese hier beschriebenen Symbole lesen kann, möge sie entziffern, um den ihm möglichen Weg-Anteil mit der ZJC-rsl zu riskieren.
Yugawayama, am ersten Advent, den 29. November 2009
P. Gebhard Kohler
Die inhaltliche Erläuterung der ZJC-rsl zielt darauf hin, die kosmische Dimension unseres Daseins bewusst einzuholen. Ohne diesen Schritt zu wagen, haben wir in der sich verändernden Welt von heute keinen tragenden Grund für unser Verwiesen-sein hin auf das Leben-Selbst. Auf diesem Grund stehend werden wir fähig, das Leben – von dessen Verdinglichung befreit – zu empfangen; ein Schlüssel, der uns die Zielsetzung der ZJC-rsl sukzessiv erschließt: Die ZJC-rsl muss im Leben-Selbst wurzeln, um nicht zu einem erstarrten menschlichen Machwerk zu degenerieren. Zweifelsohne, auf diesem Weg durch die Wüste unserer Differenz lauert unablässig die Versuchung, das Frei-werden - getragen von aufrichtiger Selbst-Einsicht - erneut zu unterwandern; dies mit der Absicht, uns in legitim erscheinender Weise zu den Fleischtöpfen nach Ägypten zurückzuführen.
Hiervon auszugrenzen sind missverständliche Deutungen wie:
a) | jegliche Erwartungs-Haltung - veranlasst aus egozentrischen Impulsen - widerstrebt der Zielsetzung der ZJC-rsl. Die Grundhaltung für das rechte Empfangen des Lebens, das nicht zu einem Besitz werden darf und kann, kann jedoch erst durch den Entschluss, sich selbst zu lassen, ausreifen: Aus uns selbst können wir nie ein Etwas sein; |
b) | auch das Verlangen, unser defizitäres Widerfahren mittels der ZJC-rsl auszugleichen, ist ein offensichtlicher Irrweg, der gerade den hier geforderten Überschritt der begrenzten Vermögen des instrumentellen Bewusstseins verhindert; |
c) | zumal die Motive für das Sich-einfinden zu den Übungs-Tagen nicht transparent sind, kann es keinesfalls unsere Zielsetzung treffen. Obwohl das Anhaften vor der Tür bleiben sollte, kommt es doch nicht selten vor, dass es sich auf dem weiteren Weg stärker als zuvor, und zwar uns täuschend, meldet; |
d) | die ZJC-rsl als eine Interessen-Verbindung zu betrachten, würde unseren Blick in eine Gegenrichtung zur Zielsetzung lenken. Dies wäre nichts anderes, als das Nicht-zu-Verfügende aus geistiger Blindheit verfügen zu wollen. Wohl denen, die - aus Selbstgefälligkeit auf ihrem Lebens-Weg - nicht in dieser Falle gefangen werden; |
e) | das Abhalten von Sesshins mit Laien in der Form, wie sie uns bisher eben möglich war, trifft noch nicht den Kern der ZJC-rsl. Zunächst wollen unsere Sesshins die grundlegende Orientierung daraufhin erschließen. Denn auf allen Ebenen des religiösen Suchens ist ein Problem - im Sich-vergleichen – anzutreffen: das Suchen des Besonderen. Diese latente Anfälligkeit wirkt wie ein versteckter Virus, welcher uns noch tiefer in Uneinsichtigkeit bindet und von der Grund-Intention meilenweit entfernt. Es gibt wohl kaum ein religiöses Angebot, dessen Ausübung von jener Begierde, das Unverfügbare zu verfügen, frei wäre. Leider haben wir es hier mit einem vielfach nicht thematisierten Sachverhalt zu tun; |
f) | es handelt sich hierbei ebenfalls nicht um einen Freundeskreis, der ein Vermengen der jeweiligen Absichten erlaubt und durch zwielichtige Erwartungen die wahre Zielsetzung entstellt. Denn die ZJC-rsl will uns durch Shugyō - Übung und Verzicht – in eine Transparenz des Bewusstseins führen. Die hierfür nicht zu umgehende innere Reinigung lässt das die Differenz der Kern-F negativ Bewegende allmählich zur Ruhe kommen. Demzufolge dürfte das Teilen des Empfangenen keine Schädigung hinterlassen; |
g) | letztlich
darf die ZJC-rsl auch keinesfalls als eine Alternative zur Kirche
verstanden
werden. All unserem Bemühen liegt das Bestreben zugrunde, die
Herausforderung
des sich verändernden Bewusstseins in den Blick zu bekommen,
ja uns aufrichtig
damit zu konfrontieren, um schließlich angemessen darauf zu
antworten.
|
In den Sesshins zeigt sich ein permanentes Ringen, die alles verdinglichende Ebene des Etwas-haben-, des Etwas-wissen- und des Etwas-sein-wollens zu überschreiten. Die Teilnehmer versuchen sich einerseits der Weisung zu öffnen und diese aufzunehmen. Andererseits sind sie dazu unfähig, denn das bisherige Leben stand weitgehend unter dem alles verdinglichenden Diktat. Aber die Sesshins sind auch mit Fällen belastet, welche den Aufruf infolge des Identitäts-Mangels in sein Gegenteil verkehren, um eben dadurch das alles verdinglichende Instrument noch zu verstärken; ein zwanghafter Drang, dem nur schwierig zu entkommen ist. Aufgrund der Feststellung dieser Tatsachen können die angebotenen Sesshins in Bezug auf die Grund-Intention der ZJC-rsl leider nur eine zweitrangige Stellung einnehmen. Denn das von uns eigentlich Angestrebte kommt auf dieser Ebene von Praxis kaum in den Blick. Zwar erfahren die Teilnehmer in verschiedener Hinsicht durch die Weisung - im Prozess des Sich-öffnens - Hilfen, aber es mangelt dabei oftmals an einer klaren und aufrichtigen Entschiedenheit, uns damit, was dem Leben widerspricht, nicht mehr zu identifizieren.
Entdeckt der Übende die Verknüpfung der Dispositionen mit der Vergangenheit und auch den Lösungs-Weg hierfür, kommt demzufolge das Begehren des Ich-haften zum Vorschein. Sein triebhaftes Streben, das zuvor versteckt wirken konnte, wird jetzt der Einsicht zugänglich. Das mobilisierte, sich verteidigende Ich-hafte, das unser Leben aushöhlt, muss uns klar in den Blick kommen. Nur äußerste Achtsamkeit bewahrt uns davor, nicht erneut seiner Arglist - aufgrund der Verfremdung der hier vermehrt wirksam gewordenen Kräfte - zu verfallen. Fallen wir jedoch dem ichhaft verstärkten Kräfte-Feld, indem wir uns damit identifizieren, zum Opfer, so ziehen wir aus einem Käfig in eine Festung: reich an Illusionen, das authentische Verwiesen-sein verarmt. Obwohl eine ich-zentrierte Intention defizitäre Spuren hinterlässt, können wir dies übersehen und fraglos - gebunden in diesem Habitus - fortfahren, denn der hier zu erfahrende Mangel lässt sich überspielen durch das uns blendende, sich selbst bestätigende Ego. Wohl denen, die das relationale Gespann des Defizitären mit dem Ich-haften durchschauen und ihm nicht erliegen.
Der Umbruch des instrumentellen Bewusstseins bedarf einer vielschichtigen Vorbereitung, welche uns eigentlich durch die tägliche Lebens-Praxis ermöglicht werden muss. Gibt es hierfür Anzeichen im Bewusst-werden, dass das Erfassen von Teilaspekten als Handlungs-Kriterium heute nicht mehr ausreicht? Die zunehmende Komplexität unserer Lebens-Welt erfordert eine Sicht der Dinge, einen Verständnis-Horizont, der die Schranken des instrumentellen Bewusstseins überschreitet. Um dem Schaden-Stiftenden in den Entscheidungen aus Uneinsichtigkeit nicht in die Hände zu arbeiten, ist ein komplexeres Erfassen unserer Lebens-Realität vorausgesetzt. Folglich können wir unsere Intention, das notwendig Verbundene kategorial zu trennen, nicht mehr rechtfertigen, sondern die das Trennen durchdringende Zusammenschau ist zukünftig angefragt: eine Herausforderung, die von der ZJC-rsl wahrzunehmen ist.
Das authentische Kennzeichen, das zukünftig die ZJC-rsl repräsentiert, ist noch offen. Obwohl für sie das signifikant Konkrete noch aussteht, ist dennoch ihre Unwiderlegbarkeit, wie sie sein soll, bereits ideell vorweggenommen. Zwei sich ineinander fügende Wirk-Prinzipien sind hier zu verdeutlichen: das deduktiv Vorgegebene und das induktiv Einzuholende. Deduktiv vorgegeben ist die Weisung, nämlich, das in uns eingeschriebene Lebens-Gesetz, das in der Lebens-Praxis durch Übung und Verzicht in die Welt eingreift. Auf dem Weg von Versuch und Irrtum ist dieses Gesetz induktiv einzuholen: ein Suchen, Entdecken und Finden, dessen Motivation letztlich in die zu vollziehende Reinigung münden muss. Das deduktive Prinzip darf und kann nicht negiert werden; indes wird uns erst durch die induktive Erschlieβung das schon Gegebene bewusst.
Die Notwendigkeit, die Vermögen des instrumentellen Bewusstseins zu überschreiten, ist in der derzeitigen Generation noch nicht – nicht genügend – vorbereitet; vermutlich muss der Ego-Kult auf dem Gipfel seiner Triumphe zuvor sich selbst demaskieren. Erst dann wird sich die Einsicht des zukünftig hier geforderten Überschritts als unumgänglich erweisen: diesem Schritt auszuweichen, hieße, die uns als Mensch am Leben aufgetragene Verantwortung zu verraten. Das eigentlich zu Vollziehende zielt zunächst auf den nicht begrenzten Teil der Seele, die Identität. Dafür ist das primäre Orientiert-sein am begrenzten Teil der Seele, die Enge aus dem Ich-zentriert-sein der Differenz, zu überwinden. Es ist unabdingbar, dass unser instrumentelles Bewusstsein – mentales Wahrnehmen, imaginatives Intendieren und emotionales Empfinden – vom analogen Wirk-Feld der Erkenntnis-Vermögen in der Differenz entbunden wird. Das Zugeordnet-sein zum oberen Seelenteil ist deshalb unerlässlich, weil nur ein vorbehaltloses Bejahen der Identität unser Bewusstsein hin auf seine kosmische Dimension öffnet. Nicht mehr wie zuvor aus dem Ichhaften gesteuert, kann nun unser Wahrnehmen, Intendieren und Empfinden - letztlich integriert in das Leben-Selbst – aus Ihm schöpfen.
Erst dadurch kann der in uns gegebene ursprüngliche Lebens-Impuls, welcher verschüttet war, wieder wirksam werden. Hier gibt es für den Willen, etwas zu sein, überhaupt keinen Platz mehr, denn aus uns selbst sind wir absolut bedürftig. Es geht wirklich um ein tiefes Hinein-sehen in unser eigenes Verfasst-sein. Ohne diesen demütigenden Weg zu wagen, trägt unser Leben keine wahren Früchte; hier finden wir die Ursache, weshalb geistig-geistliches Streben in die Irre gehen kann. Den Dispositionen in uns, welche mit dem Leben-verneinenden korrespondieren, muss der Nährboden entzogen werden. Um die Einfalls-Tore für die unser Leben fesselnden Einflüsse gesperrt zu halten, ist Achtsamkeit unerlässlich.
Um die Struktur der ZJC-rsl offen zu legen, wählen wir gleichnishaft die Walnuss. Drei Körper bestimmen von der äußeren Erscheinung bis zu ihrem Kern ihre Eigenart:
x) das Fleisch, das sie umhüllende Bittere;
y) die Schale, das den Kern bergende Harte;
z) der Kern, das eigentlich Tragende;
Die Zen-Jou Community versteht sich demzufolge als ein dreigliedriger Körper von Fleisch, Schale und Kern.
Zu x): das die ZJC-rsl Umhüllende
Die von der ZJC-rsl angebotenen Sesshins verkörpern – im Gleichnis der Walnuss – das sie umhüllende Bittere, das primär den fleischlichen Teil der Seele tangiert. Dieser niedere Seelenteil, in unseren Texten als Differenz der Kern-F thematisiert, ist das eigentliche Übungs-Feld der Sesshins. Das hier zu vollziehende Suchen kommt dem Eintauchen in einen Tümpel gleich. Dieser ist gefüllt mit dem Angesammelten, welches dem Einblick nicht ohne weiteres zugänglich ist, zumal es dem Bewusstsein selbst an notwendiger Transparenz mangelt, denn das Angesammelte und dessen Bewusst-werden sind ineinander verwoben. Für den anstehenden und zu vollziehenden Prozess, nämlich das sich klärende Lichten, sind zwei Grund-Einsichten, die nicht voneinander zu trennen sind, vorausgesetzt: das hier Schaden-stiftende zu erkennen, aber auch sich für dessen Auflösung zu entscheiden. Verdeutlicht durch das Bild eines Rades will dies sagen: Soll das durch unser Handeln Sich-bewegende den fleischlichen Teil der Seele nicht weiterhin mit Widrigem anlasten, muss sein bisheriges Drehen zur Ruhe kommen, um es in seine Gegenrichtung wenden zu können. Die beschriebene Bewältigung dieses Prozess-Feldes nimmt diejenigen, die sich durch Übung und Verzicht darauf einlassen, in aller Regel Jahre, ja Jahrzehnte in Anspruch, denn die Tiefen des hier auszulotenden Tümpels entziehen sich weitgehend unseren Vorstellungen.
Zu y): das den Kern der ZJC-rsl Bergende
Die von der ZJC-rsl angestrebte kosmische Dimension bleibt im Erfassen des in Raum und Zeit Sich-ereignenden Lebens nicht mehr ausschlieβlich im instrumentellen Erkennen gebunden, denn es ist integriert in ein ganzheitliches Auffassen, das unser dualistisches Welt-Bild zertrümmert. Hierdurch öffnet sich uns - die komplexere Realität unseres Daseins durchdringend - ein Wahrnehmen, das in ein Finden mündet, in dem uns das Verloren-Gegangene wieder begegnet. Verloren gegangen ist das Ganzheitliche durch das Kreieren von Objekten; aus dem Ichhaften, dessen Intention das Sichtbare von dem es in Erscheinung tretenden Moment trennt. Das jeweils Spezifische der Natur wird entwertet und demzufolge kommt ihr uns initiierendes Moment abhanden. Dieses Faktum, das uns selbst trifft, trennt uns gegenseitig von dem alles in allem Verbindenden.
Das instrumentelle Bewusstsein wird dem Erfassen der gegenwärtigen Lebens-Situation nicht vollgültig gerecht. Die Vermögen, jenes zu überschreiten, müssen denjenigen, denen sich die kosmische Dimension erschließen soll, gegeben sein. Jegliches verfügende Streben, sich die qualitativ komplexere Dimension des kosmischen Wahrnehmens anzueignen, scheitert letztlich, denn das sie bestimmende Bewirken ist aus dem unverfügbaren oberen Seelenteil gespeist.
Das Harte der Nuss-Schale aufzubrechen, vollzieht sich in einem unumgänglichen Prozess, in dem die äußerst bewusste Anstrengung zum absichtslosen Geschehen-lassen reifen muss. Ohne dieses uns widersprüchlich scheinende Shugyō durchzustehen, ist der gordische Knoten in uns – das Haften am Ich – unauslösbar. Im Prozess seines Ausfaltens sind deshalb diejenigen, denen der Weg individuell gegeben wurde, auf eine längerfristig strikte Begleitung verwiesen, denn die Widrigkeit des Anhaftens, das nicht zur Ruhe kommen will, ist gleichwohl auf einer sublimeren Ebene zu bewältigen; dies betrifft auch das Verhältnis von Erteilen und Aneignen der Weisung. Hier auszuweichen hieße, das Intendierte sich unredlich zu erschleichen. Die Auflösung der erfahrenen Paradoxie ist verwiesen auf das abgrundtiefe Sich-selbst-einsichtig-werden, damit jegliches Widerstreben in uns ausgesöhnt, ja aufgehoben werde. Dieses notwendig uns Befreiende würde sonst auf dem Shugyō-Weg durch die Hintertür verraten. Der Überschritt bedeutet ein Sich-trennen von dem unser Leben Begrenzenden, limitiert durch die Identifikation mit dem fleischlichen Teil der Seele. Allein durch das Identifizieren mit dem oberen Teil der Seele, der Identität der Kern-F, vollzieht sich die gesuchte Auflösung des genannten Widerspruchs.
Das Befreit-werden von all dem Begehren, das in der vergifteten Differenz wurzelt, ist die stete Bedingung, um uns in den gegebenen Lebens-Impuls der Identität zu fügen: Dafür ist das Tor – die harte Schale – zu durchschreiten. Ist das hier Gefundene nicht doch die gesuchte Leere, die den ursprünglichen Seins-Stand der Differenz aufweist, in den sie nun zurückfindet! Denn sie soll mit dem, was sie leben lässt, erfüllt zu werden. Der Schlüssel hierzu ist, im Überschritt - uns existentiell durchleidend - das Harte zu überwinden, nämlich, empfänglich zu werden für das Leben selbst; die Härte der hier notwendig aufzubrechenden Nuss-Schale will uns das von uns zu tragende Kreuz in Erinnerung rufen.
Zu z): das die ZJC-rsl Leben-lassende
Für das Überschreiten des instrumentellen Bewusstseins finden wir im Kern der Walnuss eine Abbildung unseres Gehirns, in dem die Informationen gespeichert sind. Wird eine negative Information in ihm gelöscht, erst dann kommt das mit ihr korrespondierende Dispositions-Feld im Körper endgültig zur Ruhe: ein hinweisendes Zeichen für das Erfordernis des Erwachens. Außerdem will der Nuss-Kern die symbolische Nahrung für das nun tiefere Durchdrungen-werden mit dem Identischen sein, wodurch unser Unterscheidungs-Vermögen an Transparenz gewinnt. Die angestrebte Bewusstseins-Dimension ist also in der erwachten Identität zu finden. Soll für uns das mannigfaltig vernetzte Dasein in seinen noch tiefer liegenden, uns möglich zu erfassenden Dimensionen zugänglich werden, dann finden wir den Schlüssel des wahren Ankommens im Verwiesen-sein der Identität auf das Leben-Selbst. Infolgedessen werden wir auch für das In-Einsicht-nehmen sensibilisiert: das uns Verwehrte nicht mehr zu erzwingen, denn darin liegt die Möglichkeit, das Moment unserer Läuterung zu entdecken.
Kriterien für das Überschreiten des instrumentellen Bewusstseins sind:
- | die Überwindung des dualistischen Schematismus - verursacht aus der Entzweiung der Differenz von der Identität -, der das Subjekt vom Objekt entfremdet; |
- | die Aufhebung dessen, was im Widerspruch zum Leben steht, wie: sein Leben zu teilen, anstatt es festzuhalten; auf das Leben-Selbst zu vertrauen, anstatt ihm zu misstrauen; zu verzeihen, anstatt zu hassen. In allen verneinenden Neigungen spiegelt sich die Angst vor der Angst; |
- | die ideologischen Nischen – die Götzen - erkennen, die kreiert, kultiviert und verteidigt werden müssen, um den nicht infrage zu stellenden Anspruch zu etablieren und dadurch für sich selbst - aber auch für andere - ihren Wahrheits-Charakter zu erschleichen: in Wahrheit eine irreführende, letztlich eine das Leben-Selbst verneinende Suggestion; |
- | jeder Besitz-Anspruch von Wahrheit ist zu durchschauen, um der Lebens-Lüge nicht in die Hände zu fallen. Aus Verblendung, Angst oder Unversöhntheit öffnen sich dem Unwahren die Tore für die Gegen-Saat. |
Das noch offene und doch auch anfänglich sich mitteilende Konkrete der ZJC-rsl ist das nonverbal-kommunikative Moment, das wir im Schweigen bereits in unseren Sesshins erfahren, und das uns zeichenhaft auf das Leben-Selbst verweist. Die auf Zukunft hin offene ZJC-rsl ist allem Verfügen-wollen zu entheben. Bestimmt sich ihr Gelingen aus dem Verwiesen-sein, so kann das zuvor zeichenhaft nonverbal-kommunikativ Erfahrene ein den Glaubens-Weg stützendes Element werden: Das die Community belebende Moment selbst möge in seiner ganzen Tragweite für uns alle doch zu einer Wirklichkeit werden.
Die drei Körper der ZJC-rsl, deren differenzierte Merkmale uns im Gleichnis der Walnuss vermittelt werden, sind klar zu unterschieden. Sie dürfen einerseits nicht vermischt werden, denn sonst würde sich ihr je Spezifisches unserem Blick verstellen. Andererseits liegt dem Shugyō-Weg ein Kontinuum zugrunde, welches sowohl das Ausschließen als auch das Einschließen des Weges umfasst. Die jeweiligen Stufen können als das Suchen, das Finden und das Ankommen bezeichnet werden.
Das Suchen: ein Etwas, das uns nicht bewusst ist, aufspüren
Das Fleisch - im Gleichnis das Bittere - ist zunächst das eigentliche Praxis-Feld unserer Sesshins. Das den Weg unseres Lebens massiv Verstellende nötigt zum Aufbruch, um die Konfrontation mit dem uns weitgehend uneinsichtigen Gebrechen zu wagen. Ein Trugschluss, dem hier eigentlich ohne Mühe nicht zu entkommen ist, wäre zu glauben, dieser Einstieg sei ausschließlich ein Lichten dessen, was in uns das Leben beengt. Keineswegs! Im Prozess des Lösens der uns manipulierenden Finsternis erfahren wir in uns Widerstand. Durch dessen Offen-werden melden sich die negativen Kräfte verstärkt. Mit ihren sich verteidigenden Angriffen versuchen sie nun, uns noch tiefer zu binden. Durchschauen wir die Gefahr nicht, unter ihrem Einfluss zu stehen, liefern wir uns einem fundamentalen Irrtum aus, dem latenten Anspruch, überlegen zu sein, nämlich: etwas zu sein, zu haben und zu wissen. Ein derartig egozentrisch-gesteuertes Intendieren verstärkt blindlings die Illusionen. Indem bisher unser Lebens-Verständnis primär aus dem fleischlichen Teil der Seele, der Differenz der Kern-F, gesteuert war, was das Erfahren von Mangel zur Folge hat, bietet sich jetzt eine willkommene, zwar uns täuschende Hilfe, das aus dem Mangel verursachte Unversöhnt-sein mithilfe solcher Verstärkungen zu bewältigen.
Das Finden: ein Wagnis über Raum und Zeit hinaus
Die Schale - im Gleichnis das Harte - zu zertrümmern, bedeutet den Überschritt, sich vom ausschließlichen Identifizieren mit dem instrumentellen Bewusstsein zu verabschieden, um zu einem ganzheitlichen Erfassen des eigenen Lebens zu gelangen: von der Schöpfung bis zu unserem Verwiesen-sein auf das Leben-Selbst. Überhaupt soll dieser Überschritt den Zugang zu unserem komplexeren Lebens-Feld - zur mikro-/ makrokosmischen Relation - öffnen, und zu einer klaren Einsicht dessen, wie unablässig die Differenz auf die Identität verwiesen ist. In seinem eigentlichen Sinn ist dieses Finden das Darüber-hinaus. In Wirklichkeit aber ist es ein Hinabsteigen zur Wurzel des ich-haften Begehrens, um dessen Humusbeet auszutrocknen. Soll das hier uns Unbekannte sich lichten, dann erfordert dieser Abstieg dessen zu reinigende Motivation, auf dass uns sein eigentliches Prozess-Feld - das genealogische Sediment -, welches sich dem Einblick bisher entzog, zugänglich werde. In diesem Ereignis-Feld erfährt unser Bewusstsein den Durchbruch in die kosmische Dimension, was im Zertrümmern der Nuss-Schale - im hier zu erleidenden Tod - zum Ausdruck kommen soll. Je mehr der Mikrokosmos uns zugänglich wird, desto natürlicher erschließt sich uns das bisher verschlossene Darüber-hinaus.
Das Ankommen: ein Durchdrungen-sein vom Leben-Selbst
Der Kern - im Gleichnis das Leben – will auf den Urstand der Kern-F hindeuten. Das Ankommen ist die Rückkehr zur Quelle, aus der einst die Identität und die Differenz ihren Anfang genommen haben. Während die Vorstufe, das Finden, zunächst auf die authentische Leere - die geläuterte Differenz - zielt, um von der Identität erfüllt zu werden, geht es hierbei um die erwachte Identität, nämlich, ihr Durchdrungen-werden vom Leben-Selbst. Erst dann erahnen wir im wahrsten Sinn unser Mensch-werden. Denn nur im Neu-geboren-werden - vom Leben-Selbst durchdrungen – können wir das unsere Not zu Wendende, das sich für uns einlösen will und muss, finden. Hierzu lesen wir in Joh 3,1ff: „Wahr, ja wahr ist's, ich sage dir: Wenn einer nicht neu geboren wird, kann er das Königtum Gottes nicht sehen. … Wird einer nicht aus Wasser [der geläuterten Differenz] und Geist [der erwachten Identität] geboren, so kann er nicht in das Königtum Gottes hineinkommen. Das aus Fleisch Geborene ist Fleisch, und das aus dem Geist Geborene ist Geist. … Ihr müsst neu geboren werden. Der Windhauch weht, wo er will, sein Brausen hörst du – doch du weiβt nicht, von wo er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem aus dem Geist Geborenen“.
Das Ankommen hat im Prozessfeld der drei Körper, das wir mittels der Walnuss gleichnishaft darzulegen versuchten, sein natürliches Vorfeld, um die geforderte Neu-Geburt, durch die die Menschheit von dem sie blendenden Virus befreit werden soll, einzulösen. Das bedeutet, dass das analoge Erkennen in der Differenz nicht mehr dominiert, sondern durch die Identität abgelöst ist: Das vom Fleisch befreite Vernehmen gewinnt nun die Oberhand. Hier gilt es, Achtsamkeit walten zu lassen. Anzukommen nur für mich selbst kann und darf niemals ein Ziel sein: warum nicht ich, sondern andere. Diese intentionale Verfasstheit - Neid - fügt der Community einen fundamentalen Schaden zu, der - offen oder versteckt - gegen sie gerichtet ist. Die in uns grundgelegten Vermögen natürlich und selbstlos zu teilen, stehen wir in der Pflicht: im Bewusst-werden, dass jegliche Fähigkeit uns immer zum Besten aller gegeben ist. Genau darin ist die Bedeutung Community verborgen. Dieser Grundsatz lässt uns das zu bestehende Leben auch nonverbal – frei von den es verstellenden Absichten – aus dem Zueinander verwirklichen. Ohne das uns Unterscheidende der verschiedenen Ausprägungen zu verwischen, wird das Teilen vorurteilsfrei in seiner Natürlichkeit vollzogen. Willfährig trägt und verbindet dies die Community auf dem eingeschlagenen Weg. Die Freimütigkeit öffnet uns erst recht die Augen für die mit dem Leben-Selbst korrespondierenden Erfahrungs-Wege. Bekunden die der Menschheit je gegebenen Wege nicht letztlich doch die Aussicht, in der sich unsere Wahrnehmungs-Vermögen als kosmisches Bewusstsein auf das Unendliche hin weiten!
Anmerkung: Die Walnuss, mittels derer wir versuchten, sinnbildlich die ZJC-rsl strukturell auszulegen, ist hilfreich für eine erste Übersicht. Die Muskatnuss, die unserer Erfahrung weniger vertraut ist, zeigt in ihrer Strukturierung als eine ebenfalls am Baum wachsende Frucht ein noch differenzierteres Bild, um die ZJC-rsl zu erläutern. Vier Elemente sind hier klar zu unterscheiden: das äußere grüne Fleisch, der rote Feuermantel, die schwarze Schale und der harte Nusskern.
Ihr äußeres, sie umhüllendes Fleisch ist zwar dem der Walnuss ähnlich, aber insofern verschieden, als sich daraus ein alkoholisches Getränk gewinnen lässt. Wird es recht verwendet, ist es auch als ein Heilmittel zu betrachten. Im übertragenen Sinn ist damit ein Zeichen gegeben, um gestärkt in Zuversicht den Aufbruch zu riskieren.
Der die Nuss-Schale umhüllende Mantel öffnet sich wie brennende Feuerzungen nach oben. Feuer, ein tiefes Zeichen für den hier notwendig zu vollziehenden Prozess der Reinigung. Ob wir den hier erfahrenen Schmerz aus Furcht abweisen oder ihn doch als ein bejahendes Leiden willkommen heißen, ist der Scheidepunkt für das Weitergehen. Auf diesem Weg werden wir nicht nur gereinigt, sondern auch erprobt, um redlich für das weitere Vordringen zum Kern befunden zu werden.
Die den Nusskern umhüllende harte Schale ist in ihrem gereiften und vom Baum fallenden Zustand schwarz. Ihre leichte Strukturierung will ein hinweisendes Zeichen der Stetigkeit - sowohl ihrer als auch unserer - sein. Deshalb, wer hier eindringen will, muss dafür gerüstet sein, einen weiteren Schutzwall zu überwinden. Ohne Zweifel, er kann dabei nicht mehr ausschließlich auf die eigene Kraft vertrauen, da er sozusagen wie in einem Niemands-Land wandert. Das Schwarz der Nussschale symbolisiert die für uns auf dem Weg zu durchschreitende Dunkelheit.
Der feinaderig-vielfältig gestaltete Nusskern ist ein tiefes Symbol für unser kommunizierendes Verbunden-sein mit aller Kreation im eigentlichen Angekommen-sein.
Wer diese hier beschriebenen Symbole lesen kann, möge sie entziffern, um den ihm möglichen Weg-Anteil mit der ZJC-rsl zu riskieren.
Yugawayama, am ersten Advent, den 29. November 2009
P. Gebhard Kohler